Wie entsteht der diabetische Fuß?

Ursachen und Auswirkungen von Diabetes mellitus

I. Definition allgemein

Bei Diabetes mellitus handelt es sich um eine chronische Stoffwechselkrankheit, die auf einen absoluten oder relativen Insulinmangel zurückzuführen ist. Insulin ist ein Hormon, das in der Bauchspeicheldrüse gebildet wird.
Die Hauptaufgabe von Insulin ist die Einschleusung von Zucker (Glucose) aus dem Blutstrom in die Zellen. Fehlt dieses Hormon, kann der Zucker nicht in die Zellen eingeschleust werden und es kommt zu einem Anstieg des Blutzuckerspiegels (Hyperglykämie).

II. Was versteht man unter einem diabetischen Fuß?

Der Begriff „Diabetischer Fuß” bzw. „Diabetisches Fußsyndrom” beschreibt die Veränderungen am Fuß, welche auf Schäden der Nerven oder Schäden der Blutgefäße zurückzuführen sind. Die Formen der Schädigungen können vielfältig sein.
Grundsätzlich hat der diabetische Fuß verschiedenste Ursachen, die nicht immer gleichzeitig in Erscheinung treten. Hier wird in vier Hauptfaktoren unterschieden:

1. Schäden des Nervensystems (Neuropathie)
2. Durchblutungsstörungen (Angiopathie)
3. Schäden der Knochen und des Bindegewebes
4. Schäden von außen durch Verletzungen und Infektionen

Schäden des Nervensystems

Die Nerven sind die Informationsleitungen in unserem Körper und stellen so den Kontakt zwischen Muskeln, Gehirn und Rückenmark dar.

Durch die Neuropathie geht das Gefühl in den Füßen verloren. Druckstellen, hohe Temperaturen oder Verletzungen und Überlastungen der Füße werden kaum noch wahrgenommen.

Wenn Sie z. B. auf einen Glassplitter treten oder einen Stein im Schuh haben, im Sommer auf heißem Sand laufen oder der Schuh einfach zu eng ist, können Sie die Warnsignale (die Schmerzen) des Körpers nicht spüren. Das kann zu erheblichen Problemen, ja bis zu offenen Füßen führen.

Werden diese Informationsleitungen gestört, können bestimmte Reize, die beim gesunden Menschen sofort wahrgenommen werden, nicht mehr an das Gehirn übermittelt werden. Sind zusätzlich kleine Blutgefäße geschädigt, ist eine schlechte Versorgung des benachbarten Gewebes mit Sauerstoff die Folge. D.h. Tastsinn, Temperatur- und Schmerzempfinden sind so nachhaltig gestört, dass Verletzungen auftreten ohne dass sie bemerkt werden.

Schon kleine Verletzungen können bei Diabetikern zu schweren Entzündungen führen, die manchmal sogar die Amputation einer Zehe, des Fußes oder gar des ganzen Beines erforderlich machen.

Die Schwere dieser Schäden zeigt eine gesundheitsökonomische Studie, wonach 50–70% aller, nicht durch Verletzungen bedingten Amputationen im Bereich des Fußes, durch Diabetes verursacht werden. Veränderungen der peripheren Nerven äußern sich meistens in einer sensorischen und einer motorischen Komponente. Die sensorische Störung führt zu Wahrnehmungsstörungen im Bereich der Füße. Druckbelastungen durch falsches Schuhwerk werden nicht als schmerzhaft empfunden. Die Schädigung der motorischen Nervenbahnen hat eine Veränderung der muskulären Führung der Fußgelenke zur Folge. Fußfehlstellungen und veränderte Bewegungsabläufe können zu Schädigungen des Knorpels und des Knochens führen.

Außerdem kommt es auch zu einer verminderten Funktion der Schweiß und Talgdrüsen, die normalerweise die natürliche Fettung des Fußes übernehmen. Dies bedingt eine vermehrte Austrocknung und Rissigkeit der Haut, die dann anfälliger wird für Verletzungen und Infektionen.

Durchblutungsstörungen

Die durch den Diabetes ausgelösten Durchblutungsstörungen begünstigen auch die Entstehung von Schlaganfall, Herzinfarkt und arteriellen Verschlusskrankheiten.

Die Schäden an den Blutgefäßen betreffen vor allem die Arterien, die nährstoffreiches Blut vom Herzen zu den Füßen transportieren. Beim Diabetiker spricht man dabei von „Makro- Angiopathie”. Diese Arterien werden durch Ablagerungen verengt, was natürlich einen verminderten Nachschub an Nährstoffen bedingt.

Bei der (diabetischen) Makroangiopathie versteht man also eine Durchblutungsstörung der großen Gefäße, die der Arteriosklerose des Nicht- Diabetikers entspricht, jedoch stärker, häufiger und früher auftritt.

Veränderungen und Schäden der Knochen und des Bindegewebes

Durch die Diabeteserkrankung kommt es auch zu einer Ernährungsstörung des Knochens. Dies bedeutet, dass der Knochen Stabilität und Elastizität abbaut und spröde wird. Der Gelenksknorpel löst sich langsam auf, das Bindegewebe verdickt sich und die Fußgelenke verlieren ihre Form und Beweglichkeit.

Die Folgeerscheinungen sind Knochenbrüche bei schon geringer Fremdeinwirkung. In weiterer Folge kommt es zu Deformitäten des Fußskelettes, die wiederum Fehlbelastungen hervorrufen und entsprechende Schäden nach sich ziehen. Die ursprüngliche Abrolltechnik des Fußes ist nicht mehr gewährleistet.

Schäden von außen durch Verletzungen und Infektionen

Immer wieder fügen sich Diabetes-Patienten bei der eigenen Fußpflege mittlere bis schwere Verletzungen zu, da durch die bereits angesprochenen Symptome in vielen Fällen die Schmerzempfindlichkeit fehlt.

Um Druckstellen, Blasen und offene Stellen zu vermeiden, ist beim Schuhkauf auf bequemes und ausreichend großes Schuhwerk zu achten, das möglichst keine Innennähte aufweist. Vor allem am Anfang sollten die Schuhe vorsichtig einige Stunden richtig eingegangen werden.

Ebenfalls ist es sinnvoll die Schuhe vor dem Anziehen auf Fremdkörper, drückende Nähte oder scheuerndes Innenfutter abzutasten. Bei „Risikofüßen” mit einer bestehenden diabetischen Nervenschädigung und Fußveränderungen ist das Tragen von sogenannten Diabetesspezialschuhen sinnvoll. Dies sind Konfektionsschuhe, die speziell für die Problematik bei Diabetikern hergestellt werden und nach ärztlicher Verordnung adaptierbar sind.

Typ 1A
Diabetes ohne Neuropathie oder Verschlusskrankheit (AVK), ohne Fußdeformität.

Besondere Schuh- und Einlagenversorgung ist nicht notwendig. Allerdings sollten die Patienten auch in diesem Stadium dazu angehalten werden fußgerechtes Schuhwerk zu tragen, um z.B. der Entwicklung von Fußdeformitäten vorzubeugen.

Typ B1
Diabetes ohne Neuropathie oder Verschlusskrankheit (AVK), mit leichten Fußdeformitäten wie Spreiz- oder Senkfüsse, Krallenzehen, Hammerzehen oder ähnlichem.

Eine vorherige Untersuchung soll sicherstellen, dass eine PNP und / oder PAVK ausgeschlossen werden kann. Leichte Versorgungen mit Einlagen oder Zurichtung sollten einer Überlastung der Füße vorbeugen. Fußgerechtes Schuhwerk ist erforderlich.

Typ 2A
Diabetes mit Neuropathie und/oder Verschlusskrankheit (AVK), ohne Hautläsion und ohne Fußdeformität.

Eine Reduktion von Druckspitzen um mindestens 30 % kann durch individuelle Modell- und Bettungseinlagen, sowie orthopädischer Schuhzurichtung erreicht werden. Fußgerechtes Schuhwerk ist erforderlich.

Typ 2B
Diabetes mit Neuropathie oder Verschlusskrankheit (AVK), ohne Hautläsion, mit leichter Fußdeformität.

Die Bestimmung des Risikos für die Entwicklung der diabetischen Fußläsion ist in dieser Kategorie schwierig, bedingt durch das individuelle Zusammenwirken der unterschiedlichen Deformierungen PNP / PAVK und anderer Faktoren, z.B. Aktivitätsniveau oder Körpergewicht des Patienten. Dadurch bedarf die Auswahl der Orthopädie-Schuhtechnischen Fußversorgung einer besonderen und speziellen Sorgfalt, sowie einer interdisziplinären Zusammenarbeit.

Typ 3
Zustand nach Ulcus oder Druckläsion wie Typ 2B

Bei leichteren Fällen ist eine Versorgung mit individuellen Bettungseinlagen und Schuhzurichtung möglich. Ansonsten ist ein orthopädischer Maßschuh mit diabetesadaptierter Ausstattung erforderlich.

Typ 4
Größere Fußdeformität bei Neuropathie und/oder AVK, sowie Osteroarthropathie.

Ein Paar individuell angefertigte orthopädische Maßschuhe mit diabetesadaptierter Ausstattung sind Voraussetzung für eine optimale Versorgung. Kontrolle der Fußbettung und regelmäßige Adaptierung ist notwendig

Typ 5
Zustand nach Teilamputation

Insbesondere bei kleinen Teilamputationen, z.B. einzelnen Zehen, kann eine Versorgung mit geeigneten konfektionierten Diabetikerschuhen und entsprechender orthopädischer Schuhzurichtung mit Bettungseinlagen ausreichend sein. Bei größeren Amputationen ist die Versorgung mit orthopädischen Maßschuhen notwendig. Die Verwendung von Verbands-, Entlastungs- und Interimsschuhen ist besonders nach frischer Amputation angezeigt.

Typ 6
Diabetischer Fuß mit akut auftretendem Ulcus und Osteoarthropathie in instabilem Stadium wie Typ 4 und 5.

Die Versorgung dieser Gruppe wird vorwiegend mit konfektionierten oder individuell angefertigten Verbands- und Interimsschuhen durchgeführt. Eine endgültige Versorgung mit orthopädischen Maßschuhen ist oft auch schon vor kompletter Abheilung möglich.